Oberstufenprüfung im Lung Chuan Fa Kempo 2. Teil

Der zweite Streich folgte nur 12 Stunden später.
Nämlich die Oberstufenprüfung von Kim und Raissa. Die wurde, das sei gleich vorweg verraten, für die beiden Vorzeige-Kempoka kein Zuckerschlecken.

 

Pünktlich um 10 war das Dorfgemeinschaftshaus in Kalldorf Schauplatz einer denkwürdigen Veranstaltung. Nach etlichen Jahren des Trainings und einer monatelangen intensiven Vorbereitung traten Kim und Raissa an, den nächsten Schritt in Sachen Lung Chuan Fa Kempo zu absolvieren. Raissa wollte ihren weißen Gi endlich gegen eine schwarze Kutte tauschen. Dazu braucht sie aber einen braunen Gürtel. Mindestens.
Kim hatte den schon, strebte jetzt aber nach der Uni-Farbe schwarz. Sieht ja auch viel schicker aus!

Unterstützt (oder gehindert?) wurden die beiden Damen von gleich fünf Herren, die ihren Gi schon länger mit schwarzen Gürteln verschnüren:
Michael Schilling (4. DAN), Reinhold Weidemann (3. DAN) und die beiden „alten“ Trainer von Kim und Raissa, Florian Kleemeier (2. DAN) und Roman Reingard (2. DAN). Garniert wurde das Quintett von Trainer Lutz Odewald (1. DAN).

 

Michael leitete die Prüfung. Und die beiden jungen Damen gleich mal aufs Glatteis. Denn schon die Abteilung Grundtechniken und deren Ausführung sorgte zunächst für erstaunte Blicke, dann reichlich Schweiß und bisweilen, der Nervosität und Anspannung sei Dank, auch für einige Tränen. Schon nach wenigen Minuten wurde klar: Heute gibt’s nix umsonst, hier muss geklotzt werden!
Rauf und runter marschierten Kim und Raissa in diversen Ständen und mit etlichen Techniken durch die Halle. Kein Detail entging den Adleraugen der Prüfer. Obwohl bestens vorbereitet, gab es doch noch immer wieder Details zu verbessern oder zu kritisieren.

Ohne Pause und mit wenig Gnade ging es gleich weiter in den Einschritt-Kampf, also Techniken und Kumite. Dichter ran, weniger Abstand, mehr Kontrolle, sauberere Techniken – immer wieder brachen strenge Ermahnungen den eigentlich so sicher geglaubten Rhythmus der beiden Kempoka. Doch Kim und Raissa zeigten den jetzt dringend nötigen Kampfgeist und bissen sich durch den Marathon.

Das theoretische Wissen und deren Abfrage in Sachen Selbstverteidigung brachte nur eine minimale Verschnaufpause, denn gleich ging es mit der Selbstverteidigung in die nächste, noch anstrengendere Runde. Immer wieder sprang jetzt auch der Trainer der beiden. Lutz, als „leichtgewichtiger“ Partner/Gegner ein, um die Herausforderung noch ein wenig „gewichtiger“ zu machen. Es wurde geschwitzt, gefightet, geflucht, gerungen und manchmal auch ein wenig geweint. Doch am Ende setzten sich Kim und Raissa beide auch hier überzeugend durch. Wehe dem, der das bei einer der beiden wirklich mal auf der Straße ausprobieren möchte!

 

Kurze (ganz kurze!) Trinkpause, dann ging es Schlag auf Schlag weiter. Immer abwechselnd wurden Kata gelaufen. Raissa musste gleich neun unterschiedliche Formen zeigen, Kim derer sogar elf. Und viele davon gleich mehrfach, wenn die Prüfer nicht überzeugt waren. Immer wieder musste gerade Kim auch erklären, wie sie selber eine Kata unterrichten würde, was sie ihren zukünftigen Schülern wie beibringen will.
Die wirklich enorm anstrengenden Waffenkata standen an. Raissa geriet bei der zweiten ihrer Bo-Formen ins Straucheln, musste insgesamt gleich viermal alles geben, um die strengen Prüfer zufrieden zu stellen. Kim ging es nur wenig besser. Drei Bo-Formen verlangten ihr alles ab, danach ging bei den Sai fast nichts mehr.

Zweimal tief Luft holen, dann wurden Fallübungen auf dem harten Boden abgefragt. Rollen vor- und rückwärts, Fallen seitwärts – in vielen Kampfsportarten vernachlässigte Basiskenntnisse. Danach waren je drei Würfe an der Reihe. Gefolgt von einer Hebelkata, garniert immer wieder von Anmerkungen und Verbesserungen der erfahrenen DAN-Träger.

 

Noch waren die Beiden nicht am Ende. Kämpfen stand an. Point Fighting – Raissa eine zweiminütige Runde, Kim derer gleich drei. Auch hier gab es kein Pardon, etliche Treffer ließen Bauchmuskeln zittern, Unterarme schmerzen oder den Kopf nach hinten schnalzen.
Abgekämpft und mit wackligen Knien ging es dann an die letzte Hürde: Bruchtests. Doch Wille, Präzision und Geschwindigkeit reichten, um sich der hölzernen Widerlinge mit Handkante, Faust und Tritten zu erwehren.

Mehr als drei Stunden wurden Kim und Raissa in flotten Tempo „gegrillt“. Die beiden wurden an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gebracht, sowohl körperlich als auch mental. Eine Prüfung, die die beiden sicherlich nicht wieder vergessen werden. Also genau das, was eine echte DAN-Prüfung ausmachen sollte!

 

Und so waren die „strengen“ Prüfer am Ende sehr zufrieden mit ihren Schützlingen, der Trainer sehr erleichtert ob der überstandenen Qualen seiner Schützlinge und beide Prüflinge sehr glücklich, den Stress geschafft und die ersehnten Gurte endlich umbinden zu können.

Gratulation an Raissa und Kim für eine astreine und denkwürdige Leistung!

 

Raissa Haferkamp, 1. Kyu braun
Kim Noelle Dreier, 1. DAN Lung Chuan Fa Kempo

Raissa 2011
Raissa 2011
Kim 2012
Kim 2012

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